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Das Gesangsbuch vergessen? Gar kein Problem! Was beim Demenzgottesdienst der Würzburger Caritas gesungen wird, steht mit großen, gut lesbaren Buchstaben auf einem Blatt, das zu Beginn ausgeteilt wird. Um Gott als den guten Hirten geht es heute. Damit das Ganze schön sinnlich wird, drückt Pfarrer Werner Vollmuth jedem der Senioren ein Kuscheltier in die Hand. Der eine bekommt ein Schaf. Der andere einen Hund. Der dritte ein braunes Kamel.

Menschen mit Demenz können sich zwar oft nicht mehr merken, was am Vortag passiert ist, doch an ihre Kindheit und Jugend erinnern sie sich noch ganz genau. „Ich hatte kein Stofftier“, erzählt Hilde Fischlein nach dem Gottesdienst beim Kaffee im Altenbetreuungszentrum. „Dafür ganz viele Puppen!“ Die hatte sie von den beiden Schwestern „geerbt“. Ganz besonders geliebt hatte sie einst ihre Puppenküche: „Da gab es einen Herd mit Spirituskochern. Da konnte man Wasser heiß machen. Ganz echt!“ Dann kam der Krieg. Das Haus wurde zerbombt. Und nichts blieb mehr übrig. Kein Spielzeug mehr. Keine Kleidung: „Wir mussten ganz von vorn anfangen.“

Vor einer Seniorin mit schwarzem Pullover liegt ein zottiges Schaf auf der Kirchenbank. Das Tier schaut lieb und doch gleichzeitig ein bisschen verloren aus. Solche Schafe kennt Gott gut, sagt Pfarrer Vollmuth. Sie sind vorwitzig, wagen sich zu weit hinaus – und drohen verloren zu gehen. Froh sei Gott um jedes seiner Schafe, das wieder zu ihm zurückfindet. Die Seniorinnen und Senioren lauschen aufmerksam den ruhigen Worten des Pfarrers. Betrachten das Kuscheltier, das vor oder neben ihnen liegt. Dann wird noch einmal gesungen. Und am Ende jeder einzelne gesegnet. Zum Abschluss dürfen sich die Gottesdienstbesucher an einer kleinen Leckerei laben: An Plätzchen in Schafform.

Dass sie daran erinnert werden, wie das damals war, als sie noch jung waren, macht die Demenzgottesdienste für die Frauen und Männer so wertvoll. Viele können nicht mehr in herkömmliche Messen gehen. Das wäre für sie nicht nur wegen ihrer Demenzerkrankung einfach zu anstrengend.

Mit ihrer Gesundheit steht es nicht zum Besten, gibt auch Hilde Fischlein zu: „Alleine schaffe ich es meist nicht mehr in den Gottesdienst.“ Sie brauche immer jemand, der sie begleitet. Den Demenzgottesdienst mag sie so gern, weil sie hinterher noch Menschen zum Reden findet. Über die Erinnerungen, die dabei hochgekommen sind. Auch Pfarrer Vollmuth kommt noch mit ins Altenbetreuungszentrum. Auf einen Kaffee, ein Stück Kuchen – und ein weiteres leckeres Schaf in Plätzchenform.

Kuscheltiere symbolisierten beim Demenzgottesdienst die Schafe, die sich Gott als dem guten Hirten anvertrauen dürfen.

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